Zum Inhalt springen

Liebe ohne Zukunft – Der Anti-Liebesfilm „Blue Valentine“

13. August 2011


Hier sind sie noch ein Herz und eine Seele: Cindy (Michelle Williams) und Dean (Ryan Gosling) bei ihrer Hochzeit.

Ein gutaussehender Typ trifft ein attraktives Mädchen. Sie verlieben sich ineinander. Und so lebten sie glücklich bis an das Ende ihrer Tage. Diese Storyline erwartet man zumindest von einem typischen Liebesfilm. Auf den ersten Blick. Denn „Blue Valentine“ bezeichnet sich zwar auch auf dem offiziellen Kinoplakat als „a love story“, setzt aber genau da ein, wo jede x-beliebige Kinoromanze endet. Nämlich an dem Punkt, wo es Probleme in einer Beziehung gibt. Der gutaussehende Typ vielleicht doch nicht so gut zu der Schönheit passen will, wie zunächst angenommen. Und die Liebe vor dem Aus steht.

In „Blue Valentine“ wird das Scheitern der Beziehung zwischen dem hippen Lebemann Dean (gespielt von Ryan Gosling, der bereits schon in der Komödie „Lars und die Frauen“ überzeugen konnte) und der ehrgeizigen und bildschönen Cindy (Michelle Williams) gnadenlos unter die Lupe genommen. Der Film arbeitet hierbei immer wieder eindrücklich mit Rückblenden und wechselt zwischen den berührenden Anfängen einer wunderbaren Liebesbeziehung und der später eintretenden Ernüchterung im Ehealltag mit kleiner Tochter hin und her. Dies gibt dem Film Tiefe und macht ihn gleichzeitig auch so hoffnungslos. Denn als Zuschauer ist man, selbst in den Szenen wo noch alles gut laufen zu scheint und Dean und Cindy noch auf Wolke 7 zu schweben scheinen, ständig schon einen Schritt weiter. Während die Hauptdarsteller noch im Liebesglück weilen, hat man schon längst erkannt, dass diese Liebe keine Zukunft haben kann. Und man beginnt nach Anzeichen zu suchen. Ist es vielleicht schon dieser kurze Augenblick, dieser Blick, dieser Satz, der auf das Ende hindeutet?

Die Hauptdarsteller überzeugen mit ihrer Darstellung eines Paares, da vielleicht sogar füreinander bestimmt ist, das aber letztendlich am Alltag und getroffenen Entscheidungen scheitert. Denn Cindy wird vor der Beziehung mit Dean ungewollt von ihrem Ex-Freund (Mike Vogel) schwanger, möchte das Kind abtreiben, entscheidet sich im letzten Moment aber doch dagegen. Dean beschließt kurzerhand, mit ihr zusammen das Baby groß zu ziehen. Eine Entscheidung, der einen Einschnitt in ihrem bisher unabhängigen Leben bedeuten und an dem vielleicht letztendlich auch ihre Beziehung zugrunde gehen wird.

Regisseur Derek Cianfrance klammert jedoch (bewusst?) aus, was in den fünf Jahren zwischen dieser Entscheidung und dem letztendlichen Aus passiert. Hier hätte der Film durchaus ein wenig mehr in die Tiefe gehen können. Denn so erscheint es wenig plausibel, wo nun der eigentliche Fehler in der Beziehung liegt. Stattdessen werden vermehrt Deans Bemühungen gezeigt, die Ehe unter anderem während eines romantischen Wochenendes in einem futuristischen Hotelzimmer (mit dem sehr sprechenden Namen „Zukunft“) zu retten. Er versucht seiner Frau wieder näher zu kommen, doch diese blockt jeden Annäherungsversuch seinerseits kaltherzig ab. Warum sie das tut, wird nicht recht nachvollziehbar. Ist es der Umstand, dass sie aufgrund der Entscheidung, das Baby zu bekommen und nicht abzutreiben, ihr ambitioniertes Ziel, eine angesehene Ärztin zu werden, aufgeben musste? Oder ist die anfängliche so starke Liebe zu Dean in den fünf Jahren einfach abgeflaut? Sind ihre Gegensätze, die sie einst zusammengehalten haben, doch einfach zu groß: er, der unkonventionelle Typ, der in den Tag hineinlebt – sie, die von Ehrgeiz getrieben wird und etwas aus ihrem Leben machen will?

Diese innerlichen Entwicklungen, die in den Figuren vorgehen, werden leider nur am Rande angerissen und stattdessen vielmehr durch die Veränderung im Äußeren aufgezeigt. So verwandelt sich der einst gutaussehende, Kapuzenshirt tragende Indie-Boy Dean in den Jahren in einen abgekämpft wirkenden Vater mit unmodischer Hornbrille und Hang zum Alkoholismus. Die einst vor Energie und Lebensfreude nur so strahlende Cindy entwickelt sich in eine verhärmte Krankenschwester, deren besten Jahre schon lange an ihr vorbeigezogen zu sein scheinen. Hier hätte der Film vielleicht doch auf die arg plakative äußerliche Veränderung der Hauptfiguren verzichten und stattdessen ein größeres Augenmerk auf die charakterlichen Entwicklungen richten sollen. Dies hätte den eigentlichen Grund für das Scheitern der Beziehung (dieser lässt sich wie gesagt nur erahnen) schlüssiger gemacht.

Trotz dieser kleineren Schwächen ist „Blue Valentine“ in jedem Fall sehenswert, gerade weil der Film das Thema Liebe von seiner weitaus realistischeren Seite beleuchtet, als es jeder andere übliche Liebesfilm tut. Man sollte daher keinen Feel-good-Movie erwarten und sich stattdessen auf einen Kinoabend voller Auf und Abs einstellen – denn eines macht der Film klar: Auch die aussichtsreichste Liebesbeziehung hat, so schade es auch ist und es einem die meisten (Hollywood)Filme weismachen wollen, nicht immer eine Zukunft.

4 Kommentare leave one →
  1. 22. August 2011 13:09

    Vielen lieben Dank für diese Filmbesprechung! Ich freu mich auf den Film und bin echt sehr gespannt, was mich da erwartet. Endlich mal ein unkonventioneller und untypischer Film, der nicht mit einem Happy End zu enden scheint. Endlich mal was Anderes?!

  2. Liebesfilm Liebhaberin permalink
    23. Dezember 2011 13:26

    Ich habe den Film noch nicht gesehen, bin jetzt aber neugierig auf diese andere Art Liebesfilm geworden und werde ihn mir definitv angucken! Auch wenn er mal nicht so kitschig romantisch ist.

Trackbacks

  1. Farbfilmblog – Die schönsten Filme aller Zeiten » Das Kinojahr 2011 – Tops und Flops
  2. Das Kinojahr 2011 - Tops und Flops - Sommerdiebe

Hinterlasse einen Kommentar